Tataaa! Vorhang auf für die Islandmuschel!
von RADO-Team (Kommentare: 0)
Kein Tier – abgesehen von ein paar Kolonien bildenden Organismen – wird älter als sie: die Islandmuschel, auch Arctica islandica genannt. Es wurden Tiere gefunden, die bis zu 460 Jahren alt waren. Michael Zettler, Zoobenthologe am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde, überreicht jedem Rado-Teilnehmer ein Schalen-Paar.
„Seien Sie unbesorgt! Wir haben nur die leeren Schalen am Strand aufgesammelt und diese Exemplare sind bei weitem nicht so alt geworden.“ In der Tat, es hätte mich - und auch RADOnautin Leslie (hier im Bild) - extrem beunruhigt, die banale Ursache für die Beendigung eines so langen Lebens zu sein. Aber es geht hier nicht nur um ein langes Leben. Es steht mal wieder Leistung im Vordergrund. Michael Zettler erklärt, warum Muscheln generell und die Island-Muschel insbesondere, für die Meeresumwelt so wichtig sind.
Die Islandmuschel versorgt sich mit Nahrung, indem sie Plankton und Schwebstoff aus dem Wasser herausfiltert. Die Verdauungsprodukte legt sie im Boden ab. Während die Islandmuschel also das tut, was sie tun muss um zu überleben, erweist sie dem Ökosystem einen Riesen-Dienst: Sie macht das Wasser klarer und mehr Licht kann eindringen. Michael Zettler spricht von „Miniklärwerken“ und nennt dies eine „Ökosystemdienstleistung“, für die insbesondere im Meeresgrund lebende Muschel-Lebensgemeinschaften verantwortlich sind.
Aha. Das interessiert mich und ich befrage rasch das Internet, welchen Durchsatz „normale“ Klärwerke haben. 130 Liter pro Kopf und Tag kommen dort an. Unsere RADO-Runde produziert also an einem einzigen Workshop-Tag rund 3.000 Liter Abwasser. Das kann doch eine Muschel, auch wenn sie noch so alt und weise ist, nicht schaffen, oder? Michael Zettler liefert mir umgehend die nötigen Vergleichszahlen.
Unglaublich. Nach 62,5 Tagen hätte sie das bewältigt. Oder anders herum: eine Muschelbank mit 60 Individuen würde unser Abwasser an einem Tag gefiltert haben. Ich bin überzeugt. Der Vergleich mit dem Klärwerk ist gerechtfertigt!
Barbara Hentzsch